Probleme mit Rettungswegen: Stadt plant im Naherholungsgebiet vier zusätzliche Entnahmestellen

Mehr Wasser für Feuerwehr

Von Kathleen Radunsky

 

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Genau so soll es sein: Uwe Ballerstedt (l.) von der Feuerwehr Pretzien und Stadtwehrleiter Ronald Mühlsiegel zeigen eine Wasserentnahmestelle am Giselasee. Vier weitere dieser Art sollen im Naherholungsgebiet geschaffen werden.Foto: Kathleen Radunsky

 

Von Pretzien und Plötzky bis nach Gommern gibt es eine reizvolle Wald- und Seenlandschaft: ein Naherholungsgebiet, in dem 1500 Menschen ihre Wochenendbleibe eingerichtet haben. Doch die Idylle trügt. Offensichtlich haben die Behörden nicht in Gänze nach dem Rechten gesehen. Ein wesentliches Problem sind dabei die Wege, die von Rettungsfahrzeugen nicht erreicht werden können. Die Stadt will dem nun entgegenwirken.

Pretzien. In Schönebeck, genauer gesagt im Naherholungsgebiet um Pretzien und Plötzky, kann man dieser Tage gut ausspannen und sich entspannen. Dieser Meinung ist Manfred Rothe, der seit 1991 hier eine Parzelle pachtet. Während er in der kalten Jahreszeit in Magdeburg lebt, verbringt er die Sommermonate ausschließlich in seinem Bungalow. Dem Rentner tun das rund 1500 Pächter gleich. Sie pilgern im Sommer aus ganz Sachsen-Anhalt nach Schönebeck und richten sich für mehrere Monate in ihrem Bungalow ihren Wohnsitz ein. Was idyllisch anmutet, hat jedoch einen großen Haken: Das Naherholungsgebiet wurde nicht dafür ausgelegt. Fließend Wasser? Abwasserleitungen? Müllabfuhr? Alles Fehlanzeige. All diese Probleme sind nicht neu. Inzwischen wurden zwei Arbeitsgruppen gegründet, die sich mit der Entwicklung des Naherholungsgebietes beschäftigen (Volksstimme berichtete).

Vielmehr lässt der nicht eingehaltene Brand- und Katastrophenschutz alle Alarmglocken läuten. Der Grund: Nicht nur Toreinfahrten, ganze Straßenzüge sind versperrt und können im Notfall von den Einsatzkräften überhaupt nicht oder zumindest nicht schnell genug passiert werden. Des Weiteren gibt es zu wenig Hydranten, wodurch Löscharbeiten zusätzlich und erheblich erschwert werden. Um diesen Missstand zu beheben, arbeitet die Stadtverwaltung seit nunmehr zwei Jahren konkret mit der Freiwilligen Feuerwehr Pretzien zusammen.

Geplant ist, vier Wasserentnahmestellen am Langen See, Königssee, Steinbruchsee und Kolumbussee herzurichten. Denn die Hydranten, die vielerorts fehlen, stellen für die Blauröcke ein wesentliches Problem dar – woher das Wasser nehmen, um einen Wald- oder Bungalowbrand zu löschen? "Hydranten, mit denen wir im Pretziener Gebiet recht gut versorgt sind, haben nur eine begrenzte Leistung, die zu schwach sein könnte, wenn mehrere Feuerwehren im Einsatz sind", erklärt Uwe Ballerstedt, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Pretzien. Dass ein Einsatz der Kameraden kein utopischer Gedanke ist, unterstreicht er ganz einfach: "In den vergangenen zehn Jahren hatten wir schon einige Rufe aus dem Naherholungsgebiet, für das wir die Stützpunktfeuerwehr sind." In den kälteren Monaten komme es eher zu Einsätzen in den Bungalows, weil die Pächter Elektroenergie für die Heizung nutzen, im Sommer hingegen sei das Grillen im Waldgebiet der Auslöser. Allein in den vergangenen zwei Wochen sind die Kameraden aus Pretzien zweimal ausgerückt. So kam es beispielsweise am Montag, 30. Mai, zu einem Brand im Bereich des AWG-Sees bei Gommern. "Es ist nicht nur umständlich, wenn die Kameraden erst mehrere Meter Schlauch verlegen müssen, um zum Brandort zu gelangen", versucht der Wehrleiter zu erklären. Aufgrund der wenigen Hydranten sind die Kameraden auf die Seen im Naherholungsgebiet angewiesen. Nur sind diese eben meist schwer zugänglich. "An manch einem See müssen wir einen Höhenunterschied von sechs Metern überwinden", berichtet der Wehrleiter. Insofern sollte hierbei auch die Sicherheit der Ehrenamtlichen nicht vernachlässigt werden, fügt Stadtwehrleier Ronald Mühlsiegel hinzu.

Deshalb sollen die vier Wasserentnahmestellen entstehen. Grundsätzlich fehlt nicht viel dazu: Ein Rohr führt ins Wasser. Dieses endet direkt am Ufer, und ist dort einfach und schnell erreichbar für die Feuerwehr. Mit den ausgewählten Stellen gehen Ballerstedt und Mühlsiegel davon aus, das Naherholungsgebiet wassertechnisch abdecken zu können. "Eine hundertprozentige Sicherheit können sie nie schaffen", schränkt der Stadtwehrleiter zwar ein. Doch Ballerstedt ist die Erleichterung anzusehen, die auf ihn und seine Kameraden zukommt. Vorerst heißt es aber: Warten. Am Ende hängen nämlich auch derartige Brandschutzmaßnahmen am Geld. "Im Stadthaushalt ist das Geld eingestellt", sagt Ronald Mühlsiegel. Bisher haben bereits Baumfällarbeiten an den geplanten Stellen stattgefunden, informiert der Stadtwehrleiter. Er geht davon aus, dass noch in diesem Jahr die Wasserentnahmestellen geschaffen werden. Die Pretziener haben schon 2010 darauf gehofft gehabt.

"Wir brauchen moderne Saugstellen", formuliert Ballerstedt klar seine Forderung. Denn ausschlaggebend für die Blauröcke ist allein ein Fakt: die Zeit.

Volksstimme 07.06.2011